Stellungnahme des Vorstands des Komitees «Westast so nicht!» zum Interview von Erich Fehr im Bieler Tagblatt vom 26.11.2021:
Wir freuen uns! Der Bieler Stadtpräsident Erich Fehr sah sich am Freitag gezwungen, in einem kritisch geführten Interview im «Bieler Tagblatt» klare Aussagen zu machen, nachdem das Komitee «Westast so nicht!» die aktuellen Pläne für neue Autobahnanschlüsse mithilfe des Öffentlichkeitsgesetz enthüllt hatte. Die wichtigsten Zitate:
- «Es wird keine Stadtautobahn mehr geben.»
- «Es ist wichtig, dass wir zuerst die kurz- und mittelfristigen Massnahmen umsetzen und ein Monitoring dazu durchführen.»
- «Wenn es die Schliessung der Nationalstrassenlücke dereinst tatsächlich brauchen sollte, geht es darum, den Transitverkehr aus der Stadt zu bringen. Die Feinverteilung in der Stadt, wie das einmal beim Westast mit den Anschlüssen gedacht war, ist vom Tisch.»
- «Die Rede ist von einer Nationalstrasse, nicht zwingend einer Autobahn. Es kann also auch eine zweispurige Strasse in Frage kommen.»
- «Ein Charakterzug von mir ist Verlässlichkeit.»
- Und auf Nachfrage des Journalisten («Sie schliessen einen städtischen Autobahnanschluss bereits für die Planung einer neuen Autobahnvariante aus?»): «Ja, logisch. Ich bin doch nicht wahnsinnig.»
Das sind erfreuliche Neuigkeiten – wir nehmen den Stadtpräsidenten gerne beim Wort!
Fehr erklärte aber auch, es sei «schleierhaft», wie das Komitee darauf komme, dass derzeit ein Juratunnel mit Stadtanschluss geplant werde. Gerne lüften wir den Schleier: Dies geht aus den Dokumenten der Behördendelegation zweifelsfrei hervor, in welche das Komitee dank dem Öffentlichkeitsgesetz Einblick nehmen konnte. Konkret wird in einem Bericht an die Behördendelegation (BHD) behauptet, im Schlussbericht zum Dialogprozess werde «unter anderem ein innerstädtischer Anschluss gefordert» – und es komme daher «aus Sicht des Kantons «de facto nur noch der Bau eines Juratunnels» in Frage. Gestützt auf diesen Bericht hat die BHD am 20.5.2021 dann entschieden, nur noch den Juratunnel weiter zu verfolgen.
Das Komitee könnte diese Aussagen beweisen. Allerdings haben die Behörden eine Publikation bislang untersagt. Weiter hatte das Komitee Einblick in professionell gestaltete Pläne der Projektkommission mit möglichen Standorten der Autobahnportale in der Seevorstadt und zwischen Rusel und Wingreis. Pikant: In der Medienmitteilung der BHD wurden die folgenschweren Entscheide verschwiegen – weder der Juratunnel noch die innerstädtischen Anschlüsse werden dort erwähnt.
Nachdem das Komitee diese Zusammenhänge aufgedeckt hat, hat der Stadtpräsident im BT-Interview nun Klartext gesprochen – und muss den Worten Taten folgen lassen. Er sollte Führungsstärke zeigen und weitere Fehlplanungen durch Mitarbeitende des kantonalen Tiefbauamts und externe Fachleute stoppen. Dem Stadtpräsidenten kommt eine Schlüsselrolle zu, da er drei von vier Gremien präsidiert, welche an der Umsetzung der Empfehlungen aus dem Dialogprozess arbeiten – auch die sogenannt «unabhängige» Reflexionsgruppe. Die westastkritischen Organisationen hätten sich eine unabhängige Leitung gewünscht, wie dies im Schlussbericht empfohlen wird.
Umso mehr ist jetzt Erich Fehr gefordert. Er verspricht: «Wir werden im Dezember eine Übersicht zu den Massnahmen und dem aktuellen Stand präsentieren.» Gut so. Das ist überfällig und wurde bereits vor Weihnachten 2020 versprochen [1]. Das Komitee wird weiterhin volle Transparenz verlangen und mit dem in Politik und Wirtschaft bewährten Ampelsystem herstellen – auch wenn das nicht allen passt. Der Vorstand wird den Auftrag wahrnehmen, den ihm die Mitglieder an der gut besuchten ausserordentlichen Mitgliederversammlung Anfang November erteilt haben: Das Komitee soll als Hüterin des Dialogprozesses sicher stellen, dass die kurz- und mittelfristigen Massnahmen endlich umgesetzt werden – und zwar ganzheitlich, für alle Verkehrsmittel, in der ganzen Region. Das ist wichtig, zumal die willkürlich zusammen gesetzte Behördendelegation kein demokratisch gewähltes Organ ist.
Und natürlich werden wir uns auch in Zukunft mit konstruktiven Vorschlägen für Lösungen einsetzen, die den Menschen, die Umwelt und die Aufenthaltsqualität in Biel ins Zentrum stellen. Jetzt braucht es keine isolierten, lokalen Auto-Lösungen, sondern ein koordiniertes Vorgehen aufgrund einer soliden Verkehrsanalyse. Leider wurde ein Jahr nach Abschluss des Dialogs das Projektteam «Koordinierte Gesamtsicht» noch immer nicht eingesetzt, und das Projektteam «Mobilitätsentwicklung / Nachfrageprognosen / Verkehrsgrundlagen» hat bislang lediglich entschieden, vorerst mit dem veralteten und fehlerhaften Zählsystem für den Ostast weiter zu arbeiten.
Es gibt noch viel zu tun! Für Erich Fehr, die Behörden – und fürs Komitee!
[1] Die Behörden versprachen die Umsetzung der kurz- und mittelfristigen Massnahmen «mit hoher Priorität» zu planen, umzusetzen und mit einem «übergeordneten Controlling» zu überwachen, heisst es in der Medienmitteilung des Kanton Berns und der BHD vom 17.12.2020