Gelungene Wiederaufnahme des Dialogprozesses (nach Coronapause)

Die Dialoggruppe zur Kontroverse um den Bieler Westast hat heute Abend nach viermonatiger Corona-Pause ihre Arbeit wieder aufgenommen. Sie hat erstmals ein Zukunftsbild diskutiert und viele Gemeinsamkeiten festgehalten. Bei der Beurteilung der wichtigsten Autobahnvarianten liegen die Meinungen aber noch weit auseinander. 

„Die Befürworter und Kritiker des Westasts kommen sich jetzt manchmal zu nahe“, scherzte Hans Werder, Moderator des Dialogprozess heute abend am Point de Presse im Bieler Berufsbildungszentrum. Tatsächlich hatten die Workshop-Teilnehmenden während über drei Stunden intensiv diskutiert – und hatten dabei bisweilen die 1,5-Meter-Abstandsregel vergessen. Sie hatten erstmals ein „Zukunftsbild“ diskutiert, wie sich Biel im Jahr 2050 präsentieren soll. Bei den sechs von Experten und der Kerngruppe vorbereiteten Kernideen gab es grosse Übereinstimmung: 

  • Biel soll zur Stadt am See mit parkartigem Seeufer werden
  • Die Städte Biel und Nidau sollen ein durchgehendes Zentrumsgebiet bilden
  • Gewässer wie die Arme der Schuss, die Zihl und der Nidau-Büren-Kanal sollen ein grünes Netz bilden
  • In der ganzen Region sollen attraktive Orts- und Quartierzentren entstehen
  • Dank verdichteter Innenentwicklung sollen Natur- und Freiräume entstehen
  • Dank Umsteigehubs bei den Autobahnanschlüssen soll die Erreichbarkeit für den motorisierten Individualverkehr gewährleistet werden 

Anschliessend diskutierten die Vertreter der 30 involvierten Organisationen und Gemeinden, welche Varianten für eine langfristige Autobahnlösung am besten zum Zukunftsbild passen. Im Vordergrund standen das offizielle Ausführungsprojekt, das Alternativprojekt „Westast so besser!“, die Seelandtangente sowie den Juratunnel. Dabei zeigte sich, dass das offizielle Projekt kontroverser denn je beurteilt wird. Zudem sind weitere Projekte auf dem Tisch, die nicht diskutiert wurden. Alle Vorschläge haben massive Vor- und Nachteile, die von Befürwortenden sowie Kritikerinnen und Kritikern unterschiedlich gewichtet werden. 

Die Dialoggruppe hat nun bis Mitte Dezember Zeit, nach der Einigung über kurz- und mittelfristige Massnahmen auch im langfristigen Bereich mehrheitsfähige Lösungsansätze zu finden. Sie hat die Kerngruppe heute abend beauftragt, dabei ein besonderes Augenmerk auf die Finanzierbarkeit von aufwändigen Autobahnlösungen zu richten. Dabei soll diese nicht nur die Bau- und Unterhaltskosten unter die Lupe nehmen – im Falle des offiziellen Projekts total 2,2 Milliarden Franken beziehungsweise 42 Millionen Franken pro Jahr. Im Raum steht die grundsätzliche Frage, ob derart teure Autobahnprojekte aufgrund des Klimawandels und der zu erwartetenden weltweiten Wirtschaftskrise überhaupt noch wirtschaftlich und zeitgemäss sind.