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Westast gefährdet Naturschutzgebiet Felseck

Der Westast ist in seiner aktuellen Variante nicht nur städtebaulich sondern auch naturschützerisch äusserst problematisch. Für den „Autobahnanschluss Strandboden“ sowie den Bau und Betrieb des Vingelztunnels muss in die seit 1956 unter Naturschutz stehende «Felseck» eingegriffen werden.

Der Bund hat das rund 4,5 Hektar grosse Gebiet 2010 ins Bundesinventar der Trockenwiesen und –weiden von nationaler Bedeutung (TWW) aufgenommen. Denn hier liegt eine der letzten Felsensteppen des Kantons Bern – und die letzte in Biel! Sie ist Lebensraum seltener, hoch spezialisierter Tier- und Pflanzenarten. Beim Bau der Rampe der Transjurane vom Bözingenfeld in Richtung Taubenloch wurde die zweite Bieler Felsensteppe weitgehend zerstört.

Der Felshang hingegen, auf dem der Pavillon thront, beherbergt bis heute eine reiche Flora und Fauna. Je nach Saison überziehen Ästige Graslilien den Kalkstein mit einem zarten Hauch von Weiss oder der blutrote Storchschnabel leuchtet in purpurenen Tönen. Zarte Kalk- und leuchtende Goldastern wachsen hier ebenso wie diverse Orchideen und der Hain-Wachtelweizen – eine violett-gelb-orange blühende Blume, die es sonst nirgendwo gibt, im Kanton Bern. Das einzigartige Biotop ist auch Lebensraum für zahlreiche Tierarten, von der Viper über die Gottesanbeterin bis zu zahlreichen Schmetterlingsarten. Das stadtnahe, gut zugängliche Naturschutzgebiet ist ein einzigartiges Refugium, dessen Bedeutung bereits anfangs des 20. Jahrhunderts erkannt worden ist, wie in der Zeitschrift des Schweizer Heimatschutzes von 1913 nachzulesen ist: «Durch die Bemühung der Naturschutzkommission für den Berner Jura und durch das bereitwillige Entgegenkommen der burgerlichen Forstverwaltung der Stadt Biel ist ein botanisches Reservat in nächster Nähe der Stadt zustande gekommen. Es ist die steil abstürzende Felsenheide beim Pavillon Felseck am See, seit langem bekannt durch einige seltene Jura-Kalkpflanzen, die nun auf diese Weise vor der vollständigen Ausrottung bewahrt werden sollen.»

Diese Errungenschaft ist durch den Bau der Autobahn A5 Westast gefährdet: Obschon der Kanton, gegen den Willen der Stadt Biel, für den „Autobahnanschluss Strandboden“ mit der Variante „Sichel“ eine Lösung wählte, die die Eingriffe ins Naturschutzgebiet minimieren sollte, hielt das Amt für Landwirtschaft und Natur des Kantons Bern bereits im Juli 2012 in seiner Stellungnahme zum Umweltverträglichkeitsbericht klipp und klar fest: «Der Halbanschluss Seevorstadt ist in dieser Form im Bereich des NSG und TWW nicht umweltverträglich und nicht gesetzeskonform, auch wenn Ersatzmassnahmen getroffen werden. Wir werden diesem nicht zustimmen können.» In seinem Antrag fordert das Amt für Landwirtschaft unmissverständlich, dass der „Autobahnanschluss Strandboden“ so zu planen sei, «dass weder das NSG Felseck noch das TWW-Objekt Pavillon von nationaler Bedeutung während des Baues und während des Betriebes inkl. nötige Sicherheitsmassnahmen beeinträchtigt werden.»

Angesichts des geplanten Bauvorhabens, dürften diese Forderungen jedoch kaum einzulösen sein. Dies nicht zuletzt, weil in der unter Naturschutz stehenden Felsensteppe grossflächig Netze und möglicherweise gar Verbauungen angebracht werden müssen, um Tunnelportal und Verkehr vor Steinschlag zu schützen. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die massiven baulichen Eingriffe in diesen einmaligen, nicht ersetzbaren Lebensraum vom für den Bau von Nationalstrassen zuständigen Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK bewilligt und durchgesetzt werden. Eine kleine Chance, dies zu verhindern besteht jedoch noch: Während der 30tägigen öffentlichen Auflage des Ausführungsprojekts (voraussichtlich Ende Jahr) können Umweltverbände, Parteien, Anwohner aber auch die Stadt Biel gegen die Zerstörung dieser einmaligen Naturlandschaft Einsprache erheben.

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