4.2. Lärmproblematik
Nach Art. 25 USG dürfen ortsfeste Anlagen nur errichtet werden, wenn die durch diese Anlagen allein erzeugten Lärmimmissionen die Planungswerte in der Umgebung nicht überschreiten. Besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Anlage und würde die Einhaltung der Planungswerte zu einer unverhältnismässigen Belastung für das Projekt führen, so können Erleichterungen gewährt werden. Dabei dürfen jedoch grundsätzlich die Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden. Ausnahmsweise kann die Errichtung von Strassen bewilligt werden, auch wenn durch Massnahmen bei der Quelle die Immissionsgrenzwerte nicht eingehalten werden. Diesfalls müssen auf Kosten des Eigentümers der Anlage die vom Lärm betroffenen Gebäude durch Schallschutzfenster oder ähnliche bauliche Massnahmen geschützt werden.
Eine Nationalstrasse geniesst hohes öffentliches Interesse, weshalb bezüglich Lärm in der Regel Erleichterungen gewährt werden.
Die Belastungsgrenzwerte für Verkehr (Art. 43 LSV und, Anhang 3 LSV) sind raumplanerisch nach Empfindlichkeitsstufen (ES I bis ES IV) gestaffelt: ES I gilt für Ruhezonen wie Spitäler etc., ES IV für Industriezonen).
Belastungsgrenzwerte für Verkehr (Art. 43 LSV, Anhang 3 LSV)
Empfindlichkeitsstufe (Art. 43) | Planungswert Lr in dB(A) | Immissionsgrenzwert Lr in dB(A) | Alarmwert Lr in dB(A) | |||
Tag | Nacht | Tag | Nacht | Tag | Nacht | |
I | 50 | 40 | 55 | 45 | 65 | 60 |
II | 55 | 45 | 60 | 50 | 70 | 65 |
III | 60 | 50 | 56 | 55 | 70 | 65 |
IV | 65 | 55 | 70 | 60 | 75 | 70 |
Wer als Anwohner durch den Verkehrslärm in der Betriebsphase gestört wird, sollte dies unbedingt mit Einsprache rügen und eine Rechtsverwahrung anmelden. Als Eigentümer sollte er darin gleichzeitig eine Rechtsverwahrung anmelden. Er kann auch konkrete Immissionsberechnungen oder spätere Messungen für seine Liegenschaft verlangen.
4.2.1. Für die Betriebsphase des Westasts gelten folgende Perimeter als kritisch:

Abbildung 5.2-1: Übersicht des engeren Untersuchungsperimeters für die Betriebsphase
Gemäss UVB sind in der Betriebsphase beim Halbanschluss Biel-West keine Planungswertüberschreitungen bei Wohn- oder Geschäfts-Gebäuden zu erwarten. Probleme werden in vier Gebieten beim Anschluss Biel-Centre vorausgesagt (UVB S. 109): Beim Knoten Alfred-Aebi-Strasse, im Bereich Murtenstrasse 41 (grosses Wohnhaus), rund um den Johann-Veresius-Platz und im Gebiet Salzhausstrasse (Übersichtsplan, 5.2-11, S. 109 UVB):

Abbildung 5.2-11: Übersicht der Gebiete für den Betriebszustand 2030 (gelb umrandet sind Gebäude, die im Rahmen des Projektes rückgebaut werden).
Wer in diesen Bereichen und in deren Nachbarschaft wohnt, tut gut daran, den aufgelegten UVB anzuschauen und sich mit Einsprache zu melden. Man darf als Eigentümer Rechtsverwahrung anmelden und spätere Lärmmessungen bei der eigenen Liegenschaft verlangen, auch falls die Lärmprognose bei der eigenen Liegenschaft unter den Planungswerten liegt.
In einer Einsprache kann die Erstellung von Lärmschutzwänden, der Einbau von Lärmschutzfenstern, und an der Strasse die Verwendung eines „Flüsterbelags“ gefordert werden.
Vom durch die Autobahn generierten Zusatzverkehr in der Stadt sind gemäss UVB insbesondere folgende Strassenzüge durch wahrnehmbare Lärmzunahme betroffen (UVB S. 117): Bielstrasse, Aegertenstrasse, Alfred-Aebi-Strasse, Badhausstrasse, Dr.Schneider-Strasse, Georg-Friedrich-Heilmann-Strasse, Bözingenstrasse, General-Dufour-Strasse, Zentralstrasse. Anwohnern dieser Strassen wird empfohlen, sich über die Auswirkungen des Projekts zu erkundigen und zumindest flankierende Mass-nahmen zur Lärmreduktion zu verlangen.
4.2.2. Gebäude, bei denen Erleichterungen beantragt werden
Hier handelt es sich um Gebäude, bei denen die Grenzwerte nicht eingehalten werden können. Da die Autobahn als wichtiges Projekt gilt, können Erleichterungen beantragt werden, wobei mit allen Massnahmen die Immissionsgrenzwerte einzuhalten sind. Die entsprechenden Grundeigentümer sollten zumindest eine Rechtsverwahrung anmelden und Schallschutz fordern. Sie können auch spätere Lärmmessungen beantragen, da es zur Zeit nur Prognosen gibt.
Die Gebäude, für die Erleichterungen beantragt werden, sind in einem speziellen aufliegenden Dossier beschrieben.
Die 19 Gebäude sind folgende (Zusatzbericht Erleichterungen LSV, S. 3):
4.2.3. Für die Bauphase des Westasts ist mit massiven Lärmbelästigungen zu rechnen
Es ist eine 12-jährige Bauphase geplant, so dass an einzelnen Abschnitten mit mehrjährigen Baulärm-Immissionen zu rechnen ist. Der Tunnel wird teilweise im Tagbau erstellt und es bedarf zum Schutz vor dem Grundwasser massiver Pfählungen.
Generell kann man davon ausgehen, dass die Pfählungen in einer Distanz von bis zu 500 Meter störend wahrgenommen werden. Baumaschinenbaulärm ist in einer Distanz von 400 Metern störend wahrnehmbar. Damit sind Anwohner, welche in einer Distanz von bis zu dreihundert Metern vom Projekt entfernt wohnen, auch hinter Hindernissen in der Regel lärmbetroffen. Hinzu kommen die Anwohner der Lastwagenrouten zu den Baustellen. Allein der Westast mit dem Anschluss Biel-Centre verursacht ca. 420‘000 LKW-Fahrten (UVB S. 104). Da die Bauzeit sehr lange währt, ist der Zusatzverkehr nicht ohne weitere zu tolerieren, sondern darf die Lärm-Immissionsgrenzwerte nicht überschreiten.
Im UVB sind folgende Routen als stark belastet bezeichnet:

Abbildung 5.2-10: Übersicht der Strassenzüge mit wahrnehmbaren Pegelzunahmen. Vergleich Betriebszustand 2020 mit den 6 Bauphasen (siehe auch Anhang 5.2, Beilage 6.1)
Die Anwohner dieser Strassen sind unseres Erachtens berechtigt, Einsprache gegen die Belastung durch den Lastwagenverkehr zu erheben und Massnahmen wie zeitliche Fahrverbote oder andere Bauverkehrsrouten zu fordern.
Zu den einzelnen belasteten Strassen gibt der UVB folgende Tabelle. Dabei sind insbesondere die rot markierten Stellen gewichtig, weil hier die Immissionsgrenzwerte während längerer Zeit überschritten werden:

Tabelle 5.2-3: Strassenzüge mit wahrnehmbarer Pegelzunahme während der Bauphasen 1 bis 6. Die Angaben ent-sprechen den durchschnittlichen Pegelzu- bzw. abnahmen in dBA; Abschnitte mit IGW-Überschreitungen sind rot markiert.
Zu beachten ist zudem, dass der Bereich des Strandbodens nicht nur wegen der Beanspruchung als Lagerplatz, sondern auch infolge der Lärmemissionen der Baustelle seinen Wert als Naherholungsraum während der Bauphase völlig verliert.
Infolge der langen Bauzeit von 12 Jahren wird der Baustellenlärm des Projekts für die Stadt Biel zu einer grossen Belastung.
4.2.4. Lärmauswirkungen des Zubringers rechtes Bielerseeufer
Gemäss separatem UVB für den Zubringer (S. 50f) sind folgende Strassen durch Zusatzverkehr in der Betriebsphase stark belastet (siehe auch Anhang 5.2. des aufgelegten Teil-Berichts mit vielen Details):
Gemeinde Ipsach: Ipsachstrasse, Huebstrasse, Kirschbaumweg Schürlistrasse, Bielmatten.
Gemeinde Bellmund: Bielmatten, Hauptstrasse.
Gemeinde Port: Spärstrasse, Wehrstrasse.
Auch in diesem Abschnitt ist während der Bauphase mit erheblichen Lärmemissionen zu rechnen. Es muss gepfählt werden; für den Port-Tunnel muss gesprengt werden und der gesamt Tunnelaushub muss per Lastwagen wegtransportiert werden.
Schliesslich stellt sich die Frage, ob der Lärmschutz auf der neuen Brücke über den Biel-Nidau-Kanal genügt, zumal auch hier ein Naherholungsgebiet betroffen wird.