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4.1. Probleme der Luftreinhaltung.

Die Emissionsbegrenzung bei Verkehrsanlagen ist durch die Luftreinhalteverordnung (LRV) eher large geregelt, weshalb es schwierig ist, das Projekt unter diesem Titel anzugreifen.  

Nach Art. 11 USG werden Luftverunreinigungen vorab durch Massnahmen bei der Quelle (hier beim einzelnen Auto) begrenzt. Die Autobahn gilt als emittierende ortsfeste Verkehrsanlage. Hier sind unabhängig von der bestehenden Umweltbelastung die Emissionen im Rahmen der Vorsorge so weit zu begrenzen, als dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist.  Die Emissionsbegrenzungen werden verschärft, wenn feststeht oder zu erwarten ist, dass die Einwirkungen unter Berücksichtigung der bestehenden Umweltbelastung schädlich oder lästig werden.

Dies bedeutet für eine Verkehrsanlage, wie die Autobahn nach Art. 5 LRV: Ist zu erwarten, dass eine einzelne geplante Anlage übermässige Immissionen verursachen wird, obwohl die vorsorglichen Emissionsbegrenzungen eingehalten sind, so verfügt die Behörde für diese Anlage ergänzende oder verschärfte Emissionsbegrenzungen. Die Emissionsbegrenzungen sind so weit zu ergänzen oder zu verschärfen, dass keine übermässigen Immissionen verursacht werden. Und gemäss Art. 18 LRV: Bei Verkehrsanlagen ordnet die Behörde alle technisch und betrieblich möglichen und wirtschaftlich tragbaren Massnahmen an, mit denen die vom Verkehr verursachten Emissionen begrenzt werden können. Kommt es trotzdem zu Überschreitungen, hat die Behörde einen Massnahmenplan zu erstellen (Art. 19 LRV, Art. 31 LRV). Dieser enthält Empfehlungen, aber keine eigentlichen Verbote.

Die Stadt Biel liegt lufthygienisch im Massnahmenplangebiet. Kritische Belastungen sind Stickoxyde (NO2), Ozon (O3) und Schwebestaub (PM10). Die jeweiligen Belastungen für Biel können Sie in einer permanenten Messpublikation des Kantons finden unter: http://www.vol.be.ch/vol/de/index/luft/luftmesswerte.htm. Einen Link zum städtischen Massnahmenkonzept finden Sie unter https://www.biel-bienne.ch/de/pub/leben/umwelt/luft.cfm, Auf dieser Seite finden Sie auch den Link zum kantonalen LRV-Massnahmenplan der Regierung.

Die lufthygienischen Probleme des Projekts werden im UVB S. 73ff erörtert.

Obwohl das Bundesamt für Umwelt (BAFU) fordert, bei Luft-Belastungsproblemen an den Tunnelportalen den Bau von Portalbelüftungen oder Änderungen am Lüftungskonzept zu prüfen (UVB S. 73), wird im aufgelegten Projekt auf solche Massnahmen verzichtet. Dadurch konzentrieren sich Schadstoffe in den Bereichen der Tunnelausgänge. Dies ist insbesondere beim Anschluss Biel-Centre ein Problem, wo der Immissionsgrenzwert für NO2 (30µg/m3) klar überschritten wird (Bild aus UVB, S.80; roter Bereich).    

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Abbildung 5.1-4: NO2-Immissionen im Gebiet zwischen dem Ostportal des Tunnels City und dem Westportal des Tunnels Weidteile in der Betriebsphase 2030 (Szenario 2)

Eine Erhöhung von mehr als 3 µg/m3 wird für einen Teil des Bahnhofgebiets, insbesondere für die BTI-Station prognostiziert. Da die Schadstoffe schwerer als Luft sind, können sie in Bahnhof-Fussgängerunterführung zu den Perrons eindringen und die Bahnpassagiere belasten (Siehe Karten 5.1.4, S. 80 UVB und 5.1.6., S. 82 UVB).

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Abbildung 5.1-6: Differenzen der NO2-Immissionen in den Teilprojekten Bienne-Centre und Weidteile zwischen dem Betriebszustand 2030 und dem Referenzzustand 2030

Dem vorliegenden Projekt wurden im Vorverfahren Auflagen gemacht, welche nun nicht oder nur schwach eingehalten werden.  So verlangte das kt. Amt für Umweltkoordination und Energie (AUE) den Nachweis, dass durch Verkehrsreduktion im übrigen Strassennetz die Mehrimmissionen kompensiert werden. Die Auswirkungen der Bauphase auf die Luftbelastung sind nicht untersucht worden. Ein erheblicher Mangel des Projekts besteht darin, dass Fussgänger- und Wartebereiche des Hauptbahnhofs spürbar belastet werden. Dies müsste durch die Fachstellen näher untersucht werden, zumal sich in den Wartebereichen auch empfindliche Personen wie Kleinkinder und ältere Menschen aufhalten. Betroffen sind insbesondere die regelmässigen Benutzer der BTI, da die entsprechenden Perrons nur gegen den Autobahnanschluss hin offen sind und bei Süd-Ostwind die Abgase sammeln können.

Im Bereich Anschluss Biel-West ist die Situation weniger dramatisch, weil die Vorbelastung geringer ist. Immerhin werden auch hier Wohnhäuser mit einer Immissionszunahme von 1-3 µg/m3 belastet, ohne dass der Grenzwert bei den Gebäuden überschritten wird. Vgl. Abbildung UVB S. 81:    

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Abbildung 5.1-5: Differenzen der NO2-Immissionen im Teilprojekt City zwischen dem Betriebszustand 2030 und dem
Referenzzustand 2030

Unseres Erachtens legen die zu befürchtenden  Luft-Schadstoffimmissionen in den hochfrequentierten Bahnhofbereich hinein nahe, auf den Vollanschluss an diesem Standort zu verzichten oder zumindest eine Immissionsverlagerung durch alternative Tunnelentlüftungen zu evaluieren.  Hiezu wären geeignete Standorte für Abluftkamine zu suchen.