Wirtschaft bekämpft die Bieler Autobahnanschlüsse

Seit heute treten erste Persönlichkeiten aus der Bieler Wirtschaft öffentlich gegen die geplanten Autobahnanschlüsse an – allen voran Rudolf Bürgi, ehemaliger Präsident des Bieler Handels- und Industrievereins HIV. Weitere bekannte Persönlichkeiten erklären in einer Inseratekampagne, warum die regionale Wirtschaft nicht auf die Anschlüsse angewiesen ist.

Unsere Inseratekampagne zeigt: Die Bieler Wirtschaft steht keineswegs geschlossen hinter dem Autobahnbau, wie dies immer wieder behauptet wird. Das teure Milliardenprojekt muss auch aus wirtschaftlicher Perspektive gründlich hinterfragt werden.

Bekannte Bieler Unternehmer kritisieren in öffentlichen Stellungnahmen die Autobahnpläne des Kantons: Sie bezeichnen den Bau als fragwürdige Investition und kritisieren die Autobahnanschlüsse im Stadtzentrum.
Aktuelle Studien zeigen zudem, dass die Planung auf schwacher Basis erfolgte. Die Behauptung, die Bieler Wirtschaft stehe geschlossen hinter dem Autobahnbau, ist nicht länger haltbar.


Die Bieler Unternehmer, die sich in diesen Tagen als erste in einer Inseratekampagne des „Komitees Westast so nicht!“ an die Öffentlichkeit wenden, betonen alle, dass die regionale Wirtschaft bereits gut ans Schweizer Autobahnnetz angeschlossen sei und keine weiteren Anschlüsse im Stadtzentrum brauche. Sie sind überzeugt, dass eine attraktive Innenstadt entscheidender ist für die Zukunft ihrer Betriebe. Und sie kritisieren, dass eine Milliardeninvestition auf derart schwacher Grundlage in der Privatwirtschaft undenkbar wäre: Die jüngsten
Mobilitätstrends seien ungenügend berücksichtigt worden.

Der Hintergrund der Persönlichkeiten, die sich öffentlich gegen die beiden Westast-Anschlüsse im Stadtzentrum stellen, ist so unterschiedlich wie die Bieler Wirtschaft selber: Thomas von Burg war Direktor von Crédit Suisse in Biel und ist heute unter anderem Verwaltungsratsmitglied des Spitalzentrums. Kuno Cajacob ist Mitinhaber und Chef von Spörri Optik. Sybille Erdmann und Gabriel Peisker, die Inhaber und Gründer der Kreativagentur Erdmannpeisker, wurden für ihre Tätigkeit für Firmen aus der ganzen Schweiz mehrfach ausgezeichnet. Ueli Gygax ist langjähriger Patron und Gründer des Modegeschäfts „Bijoux les Boutiques“ und hat 2017 den „Lebenswerkpreis“ des Seeländer Unternehmerforums erhalten. Und Rudolf Bürgi war Biella-CEO und präsidierte während fünf Jahren den Handelsund Industrieverein Biel-Seeland.


„Biel braucht innovative Geschäfte, keine Autobahnanschlüsse mitten in der Stadt“, sagt Kuno Cajacob. „Als Geschäftsmann stört mich, dass vor allem auswärtige Onlinehändler und Kurierdienste von den Autobahnanschlüssen profitieren würden“, sagt Ueli Gygax. Und Rudolf Bürgi, der selber am Bau des Eurotunnels beteiligt war, verweist auf Studien der wirtschaftsnahen Organisation «Digital Swiss», wonach das Potential im Bereich digitalisierte Mobilität in der Schweiz erst zu 35 Prozent ausgeschöpft und gerade im Bereich des Strassenverkehrs mit 21 Prozent noch stärker unterentwickelt sei.

Das jüngste Städtemonitoring des liberalen Think Tanks „Avenir Suisse“ weist zudem darauf hin, dass der Privatverkehr in Biel im Vergleich zu anderen Schweizer Städten bereits heute gut gelöst ist und sieht ganz anderen Handlungsbedarf: „Der Fluss des privaten Verkehrs wird zwar besonders gut gehandhabt, dafür kommt man im öffentlichen Verkehr eher langsam vorwärts“, heisst es in der Studie. Rudolf Bürgi verlangt daher, dass öffentliche Mittel auch in Biel effizient und zielgerichtet eingesetzt werden. Er kritisiert Aussagen von WIBS-Geschäftsführer
Gilbert Hürsch als fatal; dieser hatte kürzlich gesagt, es sei „das Recht jedes Bürgers, seine Mobilität gemäss seinen Wünschen zu befriedigen und auf die nötige Infrastruktur zählen zu können“. Der Staat, so Bürgi, „hat limitierte Mittel für alle Verkehrsteilnehmer und kann nicht alle Mobilitätswünsche beliebig befriedigen“.

Die unmissverständlichen Äusserungen und Studienergebnisse zeigen, dass das Westastprojekt auch aus wirtschaftlicher Perspektive gründlich hinterfragt werden muss. Die regionale Wirtschaft steht keineswegs geschlossen hinter dem Autobahnbau, wie dies immer wieder behauptet wird.

Medienmitteilung zur Inseratekampagne

Interview mit Rudolf Bürgi im Biel Bienne vom 9./10.1.2019