Komitee sieht bei der Umsetzung des Dialogprozesses rot

Biel, 1.11.2021 – Eine Analyse des Komitees «Westast so nicht!» zeigt, dass die im Dialogprozess beschlossenen Empfehlungen zur Lösung der Bieler Verkehrsprobleme gar nicht oder nur
schleppend umgesetzt werden. Das Vorgehen der Behörden ist intransparent.

Das Komitee «Westast so nicht!» protestiert dagegen, dass die Behörden den breit abgestützten Kompro-miss rund um das Bieler Autobahnprojekt nicht umsetzen. Anfang Dezember 2020 wurde der Dialogprozess zwischen Behörden, Befürwortern und Gegnern des Westasts nach zwei Jahren einvernehmlich abgeschlossen: Das Ausführungsprojekt wurde zurückgezogen und weitere 59 Empfehlungen zur Verbesserung von Lebensqualität und Verkehrssicherheit praktisch einstimmig verabschiedet – ein historischer Erfolg, der nationale Beachtung fand. Teil des Kompromisses war das Versprechen, die Bevölkerung künftig besser in die Verkehrspolitik einzubinden.

Agieren hinter verschlossenen Türen

Dem ist aber nicht so. Der systematische, partizipative Einbezug von Bevölkerung und Bürgerbewegungen lässt bei der Umsetzung der beschlossenen Empfehlungen und Massnahmen auf sich warten. Daran ändern auch der einmalige Partizipationsanlass vom 2. November und die Ausstellung im Volkshaus nichts. Die lokalen Behörden setzen nicht wirklich auf Transparenz, sondern agieren hinter verschlossenen Türen.

Die Stadtpräsidien von Biel und Nidau haben trotz mehrfacher Aufforderung bis heute nicht offen gelegt, welche Empfehlungen sie im Frühsommer zuhanden von Bund und Kanton priorisierten und weiter verfolgen. Die Dialoggruppe hatte 15 Haupt- und 45 Planungsempfehlungen verabschiedet, um die Verkehrsprobleme in und um Biel für alle Verkehrsteilnehmerinnen und -nehmer rasch zu lösen.

Einseitige Verkehrssicht

Zum intransparenten Vorgehen der Behörden kommt dazu: Die übergeordnete Projektorganisation «Espace Biel/Bienne.Nidau», die Anfang 2021 zur Umsetzung der Empfehlungen gegründet wurde, ist stark aus Verkehrssicht gedacht und auf den Bau einer Autobahn ausgerichtet. Statt – wie vereinbart – die kurz- und mittelfristigen Massnahmen prioritär zu behandeln und umzusetzen, arbeiten namenlose Expertengruppen bereits an Machbarkeitsstudien für eine neue Autobahn (Juratunnel). Das Komitee hat daher beim Kanton Bern eine juristische Eingabe nach Öffentlichkeitsgesetz gemacht und soeben einen Teilerfolg erzielt: Es kann die unter Verschluss gehaltenen Protokolle und Unterlagen der Behördendelegation in den nächsten Tagen beim Amt für Nationalstrassenbau in Bern einsehen.

Aufgrund bisher fehlender offizieller Angaben hat das Komitee «Westast so nicht!» eine eigene Analyse erstellt. Dank einem transparenten Ampelsystem lässt sich ab sofort laufend ablesen, wie gut oder schlecht es mit der Umsetzung der einzelnen Massnahmen steht (https://westastsonicht.ch). Das Ergebnis: Bei 9 der 15 beurteilten Hauptempfehlungen steht die Ampel auf Rot. Will heissen: Hier ist noch nichts Greifbares passiert. Bei 5 Empfehlungen gilt Orange (erste Aktivitäten), und nur bei einer Empfehlung leuchtet die Ampel wenig-stens teilweise grün (umgesetzt im Sinn der Dialoggruppe).

Hier ein paar Beispiele von Empfehlungen, die laut Bericht besonders rasch realisiert werden sollten:

  • Alle Parteien hatten gemeinsam ein Transitverbot für den Schwerverkehr durch Biel und entlang dem linken Bielerseeufer verlangt. Ein solches Verbot würde sofort für weniger Verkehr, Lärm und Abgase in der Innenstadt sorgen. Angepackt wurde das Thema bisher nicht.
  • Ebenso wenig umgesetzt wurden einfach zu realisierende Empfehlungen wie sichere Markierun-gen der Velowege.
  • Für eine rasche Verbesserung würde auch die sichere Anbindung des Bahnhofs Biel an den Fuss- und Veloverkehr sorgen. Die entsprechenden Empfehlungen: Eine neue Unterführung beim Bahnhof, eine neue Verbindung auf der Südseite des Bahnhofs vom Mühlefeld her sowie eine neue Verbindung über die SBB-Unterführung Schmiedweg. Auch hier gab es keine Fortschritte. Für Velo- und Fussgänger gab es bisher in der ganzen Stadt nur marginale Verbesserungen.
  • Immerhin teilweise auf grün steht die Ampel bei der Empfehlung «Städtebauliche Strategie für das Entwicklungsgebiet zwischen Bahnhof und See».

Fazit der Analyse: «Das Vorgehen der Behörden ist intransparent und verstösst gegen die Schlussempfehlungen aus dem Dialogprozess.» Das Komitee wird die Bieler Verkehrspolitik weiterhin kritisch begleiten und dafür sorgen, dass die Stimme der Bevölkerung auch in Zukunft gehört wird: «Der einzigartige Dialogprozess war aufwändig und kostete über eine Million Franken. Wir fordern, dass Behörden und Planungsinstanzen raschmöglichst umsetzen, was gemeinsam im Dialogprozess vereinbart wurde!»

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Medienteam, medien@westastsonicht.ch
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